Fahrrad.Industrie.Geschichte(n).
Betrachten Sie Geschichte einmal aus der Perspektive des Fahrrades. Faszinierende Fundstücke, die wir im Rahmen unseres Jubiläums (wieder-)entdeckt und zusammengetragen haben!

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Text und Redaktion dieser Fahrradgeschichte(n):
Ruth Damwerth, biografieVerlag ruth damwerth, Berlin (biografieverlag.de)

Inhalt:
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Quellen- und Copyright-Hinweise
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Die Fahrradindustrie ...

1817

Fahrzeuge ohne Pferde

Ein Ansporn für den Karlsruher Karl Drais, sich erneut mit Fahrzeugen zu beschäftigen, die nicht auf Pferdekraft angewiesen sind. 1817 stellt er seine zweirädrige Laufmaschine vor.

Die Weiterentwicklung der Draisine findet in Frankreich, den USA und allen voran England statt. Als Velociped oder Bicycle kehrt das Zweirad erst wieder nach Deutschland zurück, nachdem Maschinenbauingenieur Heinrich Kleyer in den USA Radrennen erlebt und seine Begeisterung darüber 1880 zusammen mit einigen Rädern zurück nach Deutschland bringt.

Fahrradwerbung in den 1880er Jahren: «Zum Zurücklegen großer Strecken in kurzer Zeit!» (2)

1885

Made in Germany

1885 leiht sich der gelernte Dreher und Rennradfahrer Johann Baptist Winklhofer einige hundert Mark, erwirbt einen Parallelschraubstock und eröffnet mit seinem Geschäftspartner Adolf Jaenicke in einer kleinen, im Hinterhaus gelegenen Werkstatt das «Chemnitzer Velociped-Depot»: die Geburtsstunde der Wanderer- Fahrradwerke, der ersten deutschen Fahrradfabrik, die später auch Autos produzieren und in Audi aufgehen wird. Gebrüder Reichstein, Kinderwagenhersteller in Brandenburg/ Havel, beginnen ebenfalls, Fahrräder zu produzieren. Brennabor wird eine der größten Fahrradfabriken und zeitweise größter Autohersteller Deutschlands. Auch Kleyer startet eine eigene Fahrradfabrikation; der Nachfrage entsprechend stellt sie keine Hochräder mehr her, sondern fertigt von Anfang an ausschließlich das gerade erst in England entwickelte Safety- oder Niedrig-Bike. Mehrere Firmen, vor allem aus der Nähmaschinenbranche mit dem entsprechenden feinmechanischen Knowhow, wie Naumann & Seidel oder Dürkopp, folgen seinem Beispiel. So wird die einstige Weber- und Tuchmacherstadt Bielefeld zu einem Zentrum der deutschen Fahrradindustrie, das zeitweise jedes fünfte im Deutschen Reich produzierte Fahrrad hervorbringt.
Ein Jahr später steigt auch Nähmaschinenfabrikant Opel, nicht zuletzt auf Drängen seiner Söhne, in großem Stil in die Fahrradproduktion ein, im selben Jahr, in dem Kleyer seine Firma in Adlerwerke umtauft.

Schmiede der Adlerwerke 1889

Maschinensaal der Adlerwerke 1889

«Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad.»

Adam Opel

1888

Zusammen stärker: Fahrradfabrikanten

Währenddessen versuchen die Brüder Mannesmann im väterlichen Walzwerk Fahrrad-Kurbeln durch Walzen weiter zu härten. Sie entdecken die Möglichkeit, durch Schrägwalzen aus einer Metallstange ein nahtloses Rohr herzustellen. Dieses Verfahren wird 1885 patentiert, gerade rechtzeitig für den Rohrhunger der aufblühenden Fahrradindustrie, der wiederum Mannesmann zu einem Weltkonzern aufsteigen lässt.

Max Mannesmann, Skizze zum Schrägwalzen

Einer der Fabrikanten der ersten Stunde, Bruno Naumann, nimmt bereits 1887 mit seinen Mitbewerbern Kontakt auf, um einen Fachverband zu bilden. 1888 treffen sich 23 Herren in Leipzig und gründen den «Verein Deutscher Fahrradfabrikanten etc.» Das etc. im Namen verweist darauf, dass von Anfang an Absicht und Bereitschaft bestehen, andere Industrien rund ums Fahrrad einzubinden.

 

Max Frankenburger, Gründer der Victoriawerke, sowie (v.l.) Heinrich Kleyer, Adlerwerke, Bruno Naumann, Naumann & Seidel, Adam Opel, Opelwerke und Johann Baptist Winklhofer, Wanderer-Werke, bilden den ersten Vorstand des VDF etc.

 

In den 1890ern

Frühe Lobbyarbeit

Der Verein deutscher Fahrradfabrikanten etc. protestiert gegen diese Verbote und kann nach und nach eine Rücknahme bewirken.

 

Aus einer Polizeiverordnung von 1893:
§ 1 Das Fahren mit Transportmitteln, welche ausschliesslich durch die Kraft der beförderten Personen fortbewegt werden (Fahrrädern) ist auf den dem Fuhrwerksverkehr freigegebenen öffentlichen Strassen und Plätzen von Berlin in Gemässheit der Polizeiverordnung des Herrn Ober-Präsidenten der Provinz Brandenburg vom 28. März 1893 – Samml. der hies. Polizeiverordnung. B. I, S. 181 – mit nachstehenden Massnahmen gestattet.

Bis in die 20er Jahre hinein müssen Radfahrende einen Erlaubnisschein beantragen. Erst dann gelingt es dem VDF, dessen Abschaffung durchzusetzen.

1896

Serielle Fertigung

Das serielle Fertigen von Teilen, die von anderer Stelle oder Firma zu einem Ganzen zusammengebaut werden, wurde von der Militärindustrie entwickelt und im zivilen Bereich zuerst im Nähmaschinenbau eingesetzt, jener Branche, die besonders viele Fahrradproduzenten hervorbringt. Serielle Fertigung prägt und begleitet die Fahrradindustrie von ihrer Entstehung an. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts sind alle Einzelkomponenten eines Rades aus in- und ausländischer Produktion am Markt verfügbar und auch ein Mechaniker mit einer kleinen Reparaturwerkstatt kann als «Konfektionär» seine eigene Fahrradmarke zusammenschrauben.

1896 werden bereits 200.000 Räder pro Jahr produziert.

Aufruf des VDF etc. von 1896

≥ 2000

Anzahl der Bauteile für ein Fahrrad – jedes Kettenglied und jede Speiche mitgezählt

33,77 %

aller 2020 in Europa gefertigten Radteile und Accessoires stammten aus deutscher Produktion

1898

Faszinierende Feinmechanik

«Die von den Neckarsulmer Fahrradwerken verwendete Materialprüfungsmaschine, mit welcher eine Zugkraft bis 3000 Kilo ausgeübt werden kann, ist derartig fein gebaut, dass die Belastung bis auf 1/10 kg genau abzulesen ist», schwärmt ein Journalist Ende des 19. Jahrhunderts von einem Rundgang durch die Produktion. «Wir kommen in die Maschinensäle … Es befindet sich in diesen Sälen ein Heer von nicht weniger als 516 Werkzeugmaschinen, teils eigener Konstruktion, die mit den Transmissionen durch Riemen verbunden ein buntes Geschwirre hervorrufen.»

Fabrikansicht der Neckarsulmer Fahrradwerke

Produktion bei den Neckarsulmer Fahrradwerken

1898 feiern die Adlerwerke bereits ihr 100.000stes Fahrrad. Was an sich reiner Anlass zur Freude wäre, wird dadurch getrübt, dass die junge Fahrradindustrie bereits mehr produziert, als der Markt verkraften kann.

Die Adlerwerke feiern ihr 100.000stes Fahrrad mit einem Sechser-Tandem

Jahrhundertwende

Das Fahrrad wird alltagstauglich

In der Hoffnung, den Export intensivieren zu können, eröffnet die deutsche Fahrradindustrie einen Kollektivstand auf der Pariser Weltausstellung 1900.

Deutsche Fahrrad- und Fahrradteilehersteller auf der Pariser Weltausstellung

Zur deutschen Überproduktion kommen Billigimporte, v.a. aus den USA. Der VDF erreicht zwar, dass der Schutzzoll 1901 erhöht wird, aber die Verkaufspreise fallen weiter in den Keller. In Bielefeld steigt die Produktion 1900 um 141, 1904 um 292 und 1906 um 441 %. 1907 versuchen die Mitgliedsfirmen des VDF durch Kontingentierung und Preisabsprachen den ruinösen Preiskampf zu beenden. Ein deutsches Markenrad kostet zu diesem Zeitpunkt noch einen halben Facharbeitermonatslohn, was nicht immer die Produktionskosten deckt.

Dabei werden gerade in diesen Jahren technische Errungenschaften zur Serienreife gebracht, die aus dem Niedrigrad das Fahrrad machen, das wir heute kennen: der luftgefüllte Reifen, den der Schotte John Boyd Dunlop 1888 entwickelt,

 

der Diamantrahmen, dessen Form dem Rad größere Stabilität und entsprechend ruhiges Fahren ermöglicht,

 

und eine Freilaufnabe, für die Ernst Sachs 1894 ein erstes Patent erhält, ab 1903 gekoppelt mit einer Rücktrittbremse. Diese drei Dinge machen das Fahrrad alltagstauglich.

 

Rad anschieben, auf den Sattel springen und nach den sich permanent drehenden Pedalen angeln – eine sportliche Herausforderung, die durch das Tragen eines langen Rockes nicht geringer wird …

Aufsteigen vor der Erfindung der Freilaufnabe

In den 1910ern

Frauen die Hälfte

Während das Fahrrad zum Massenverkehrsmittel aufsteigt, kämpfen seine Produzenten um ihre Existenz. Rationalisierung und serielle Fertigung führen zur Umstrukturierung der Branche. 1907 gibt es 1089 in der Fahrradproduktion tätige Unternehmen, die weniger als 6 Angestellte haben, das sind 86 % aller Betriebe. Von diesen sind 1925 noch 58 übrig.

Große Fabriken setzen sich am Markt durch.

Produktion der Zeus-Fahrradwerke, Benneckenstein, um 1910

Einblicke in die industrielle Fahrradproduktion um 1920 (47)

«Es ist Abend, Du stehst auf dem nassen Fabrikhof der Göricke-Werke. Elektrokarren fahren klingelnd über den Hof. Jetzt brennt hinter einem großen Fenster ein grünes Licht auf, stärker und stärker, bis seine Flamme die Gebäudemassen grün färbt. Hinter einem anderen Fenster schwirrt ein Rad in ununterbrochen kreisendem Lauf. Aus den tausend Lärmen erklingt dir die Symphonie der Industrie. Du schwebst empor und siehst das Werk, in dessen Mitte du eben standest, tief unter dir wie eine große leuchtende Fläche. Und von allen Seiten bewegt es sich auf diese Leuchtfläche zu. Fern hinten Schiffe auf dem Meer mit schwankenden Lichtern; wie schwarze Schlangen tobende Eisenbahnzüge, rasselnde Kraftwagen. Alles Bewegung, alles Leben, flutendes, brausendes Leben. Und wie du höher schwebst, vervielfältigt sich das Bild. Aus der einen leuchtenden Fläche werden tausende. Und nun verstehst du das Lied von der Industrie. Das schuf sich der Mensch, der Früchte essen will, die monateweit von ihm wuchsen; der Bücher lesen will, die einer für tausende schrieb, der Gedanken denken will, die einer vor 5000 Jahren dachte, der in 10 Stunden da sein will, wohin ehedem einer in 10 Tagen wanderte.»

Serienfertigung setzt sich in der Fahrradbranche in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts am Markt durch.

In einer Veröffentlichung des Deutschen Metallarbeiter- Verbandes von 1911 klingt es weniger poetisch:

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 55,5 Stunden. Es ist üblich, dass Arbeiter:innen in der Nähmaschinenund Fahrradindustrie ihr Werkzeug selber stellen, auch Verbrauchsmaterialien wie Schmirgel, Schmirgelleinen, Öl, Petroleum und Putzwolle, und einen Teil ihres Lohnes für die Beheizung und Beleuchtung der Fabrikationssäle abgeben. Der Wochenverdienst für gelernte Kräfte liegt zwischen 25–30 Mark, der vergleichsweise hohe Prozentsatz ungelernter Arbeiter verdient deutlich weniger, Frauen die Hälfte.

 

Fahrradherstellung in den Görickewerken um 1920

100 Dollar und 1 Fahrrad

ist die Gründungsausstattung von UPS – United Parcel Service (damals American Messenger Company), der 1907 von zwei Teenagern in Seattle gegründet wird

1911

Exportieren, bitte!

Um den Absatz zu steigern, experimentieren nahezu alle Zweiradhersteller von Anfang an mit Hilfsmotoren.

Hilfsmotoren der ersten Stunde.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Podszun Motorbücher

Einen wesentlich größeren Anteil bei der Erschließung neuer Märkte hat jedoch der Export. Schon 1911 werden Fahrräder im Wert von über 6 Mio. Mark ins Ausland verkauft.

1913 erreicht die Zahl der in Deutschland produzierten Fahrräder erstmals eine Million.

Ueberreicht anlässlich des Besuches der «Türkischen Studienkommission» am 8. Juli 1911 in den Werken.

Die Dimensionen des Exports zu Beginn des Jahrhunderts zeigen Bilder aus einer Festschrift der Görickewerke

Erster Weltkrieg

Kriegs- und Nachkriegswirtschaft

1915 frohlockt der VDF, der sich gerade in VDFI, Verein Deutscher Fahrrad-Industrieller e.V. umbenannt hat, um die Einbeziehung der Hersteller von Fahrradteilen, Zubehör und Rohmaterialien schon im Titel deutlich zu machen, dass er mit nunmehr 78 Mitgliedern einen lückenlosen Zusammenschluss aller deutschen Fahrradfabriken erreicht habe! Dezent verschweigt der Verband den Grund für diese Entwicklung: Nach dem Beginn des 1. Weltkrieges haben Reichsministerium des Innern und Kriegsministerium eine Metallverteilungsstelle für die deutsche Fahrradindustrie geschaffen, die dem VDFI unterstellt wird.

Bald werden ohnehin kaum noch Fahrräder produziert. Vorhandene Fahrräder, Fahrradteile und Bestände an Metall, Leder, Gummi werden eingezogen.

Reifensammelstelle im Berliner Rathaus

«Nach Beendigung des Weltkrieges sah sich die Daimler-Motoren-Gesellschaft gleich vielen anderen Industriefirmen in die Notwendigkeit versetzt, ihre während des Krieges durch die Anforderungen der Heeresverwaltung erweiterten Werkstätten und Erzeugungsmittel durch Aufnahme neuer Erzeugnisarten nutzbringend zu verwenden. Hierbei galt es, ein Erzeugnis zu wählen, für das sich ein starkes Bedürfnis und ein gutes Absatzfeld zeigte. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft entschied sich für die Aufnahme des Baues von Fahrrädern …»

Mercedes-Fahrrad

Fahrradfertigung der Daimler-Motorenwerke nach dem Ersten Weltkrieg

Tatsächlich erlebt die Fahrradindustrie inmitten des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Desasters, das der erste Weltkrieg hinterlässt, eine relative Blüte. Aufgrund der extremen Nachfrage gehen immer mehr Fahrradhersteller dazu über, sämtliche Einzelteile zuzukaufen und nur noch zu montieren. Wegen «unterschiedlicher Auffassungen der beiden Industriezweige, die mit der beginnenden Fahrradmontage durch Grossisten in Zusammenhang standen», gründen Unternehmen der Teile-Industrie 1919 den Verband deutscher Fahrradteilefabrikanten, FTV. Preis- und Lieferabsprachen zwischen VDFI und FTV zerbrechen erst unter dem Druck der Wirtschaftskrise.

FTV-Tagung auf Burg Altena 1922

Fahrräder haben den Weg für Autos geebnet.

Und das im wahrsten Wortsinne: Radorganisationen setzten sich als erste für glatten Straßenbelag statt Kopfsteinpflaster ein – und zahlten insbesondere in England und den USA dafür aus der eigenen Tasche.

1923

Zeit ist Geld: Das Fließband

1923 führt Opel als erstes deutsches Unternehmen Fließbandfertigung ein, und zwar für Fahrräder. Damit avanciert Opel im Laufe der 20er Jahre zum größten Fahrradhersteller der Welt. Alle sieben Sekunden läuft ein Fahrrad vom Band – nicht zuletzt ein Testlauf für die Fließbandfertigung im Automobilbereich, die das Unternehmen ein Jahr später einführt.

Opel-Reklame von 1928

 

Alle sieben Sekunden läuft bei Opel ein Fahrrad vom Fließband

 

1929

Aufstieg und Absturz

1928 sind 100.000 Menschen in der Fahrradindustrie beschäftigt, die jährlich 3 Millionen Fahrräder produzieren.

Die Kriegswirtschaft während des Ersten Weltkrieges hatte einer Normung Vorschub geleistet, am 22.12.1917 hatte sich der Normenausschuss der deutschen Industrie gegründet. In der Fahrradindustrie kommt diese Entwicklung mit zeitlicher Verzögerung an.1926 wird der FAFA, Fachnormenausschuss der Fahrradindustrie, gegründet. Der VDFI stellt seinen Mitgliedern diesen Überblick über genormte Teile und ihre Bezeichnungen zur Verfügung.

«Die Fahrradindustrie liegt vollständig darnieder», meldet der deutsche Metallarbeiterverband im November 1929: «Die Höchstzahl der im Fahrradbau Beschäftigten bei Dürkopp war nur rund 150 gegen 1300 früher und auch diese arbeiten nur drei Tage die Woche. Die Miele- Werke beschäftigen nur noch 11 statt 160 Arbeiter im Fahrradbau. Nicht weniger wie 31 Fahrradbetriebe wurden als stillgelegt oder in Konkurs geraten gemeldet. Die Ursachen des schlechten Geschäftsganges sehen die Betriebsräte in der allgemeinen Krise und der gesunkenen Kaufkraft der Massen. Daneben wird verringerter Export, Überproduktion, Preisunterbietungen und Eigenbrötlerei der Unternehmen angegeben.»

Arbeitslose in Hannover warten vor dem Arbeitsamt, 1930

20 €

noch bis Ende 2021 in Deutschland fälliges Bußgeld für Parken auf dem Radweg – das niedrigste in Europa, mittlerweile auf mind. 55 € angehoben

NS-Zeit

Das «deutsche» Fahrrad

Dementsprechend gut geht es der Fahrradindustrie nach dem Abklingen der Weltwirtschaftskrise. Allein 1935 werden 2,2 Millionen Fahrräder in Deutschland produziert. Die Vereinigte Fahrzeugwerke AG Neckarsulm, NSU, steigt nach Übernahme der Opel-Fahrradsparte 1938 zum größten Zweiradproduzenten der Welt auf.

Schon beim Zuschauen schwindelig! Fahrradproduktion auf Hochtouren 1936 (92)

Im Lauf des Jahres 1939 werden immer mehr Fahrradteile der Normierung unterworfen, damit die Wehrmacht, so lautet die schon zu Jahresbeginn ganz offen vorgetragene Begründung, im Ernstfall auf Privatfahrzeuge zurückgreifen und jederzeit Ersatzteile bekommen könne.

Eine Vereinheitlichung von Bauteilen würde nur noch mehr branchenfremde, unerfahrene Firmen verlocken, Zweiradteile nachzubauen, protestiert der VDFI. «Den Nachbaufirmen, die weder Konstruktionsbüros noch Fahrversuchs-, Forschungs- und technische Fabrikationsversuchsabteilungen unterhalten, fehlt die Erfahrung, die die Ursprungsfirmen unter dem Aufwand großer Kosten bei der Herstellung und Ausprobe der Teile gewonnen haben.» Der Protest hat keinen Erfolg. Die Normierung wird durchgezogen, der Krieg beginnt wenig später. Ab Anfang der 40er Jahre ist nur noch ein stark vereinheitlichtes «Deutsches Kriegsfahrrad» auf dem Markt.

VDFI und FTV werden im Rahmen der nationalsozialistischen Gleichschaltung in staatlich gelenkte Industriegruppen integriert. Mit der Umstellung auf Kriegswirtschaft verlieren sie jegliches Betätigungsfeld. Der VDFI beschließt 1943 seine Liquidation.

Deutsches Fahrradgeschwader 1942 in der Don-Region der heutigen Ukraine, mit Ziel Stalingrad

69–157–1

Ein Atlas aller deutschen Radfabriken und Marken, hg. zur besseren Diebstahlsverfolgung, listet im Jahr 1932 69 Fabriken und 157 Marken auf. Diese Vielfalt muss dem «Deutschen Kriegsrad» weichen.

Nachkriegszeit

Demontage der (Fahrrad)Industrie

Nach ihrem Sieg über Nazideutschland planen die Alliierten, die deutsche Industrie so stark zu dezimieren, dass sie nie wieder einen Krieg ausstatten kann. Dazu gehört die Demontage vieler Produktionsanlagen, von der auch die Zweiradindustrie betroffen ist.

 

Demontage des gesamten Maschinenparks beim Fahrradteile-Hersteller Büchel in Zella-Mehlis 1945 (99)

Gewusst, wie! So entstehen neue Reifen aus alten Stiefeln (100)

Fahrräder entstehen aus Restbeständen und viel Phantasie.

Zur Not geht es auch ohne Reifen (101)

Zweite Hälfte der 40er Jahre

Einfach unverzichtbar: Das Fahrrad

Ausgerechnet die britische Militärregierung lädt jedoch im Februar 1946 alle Hersteller von Fahrrädern und Zweiradteilen in der Nordrheinprovinz durch Bekanntmachung in der Zeitung zu einer Sitzung ein. Sie hält es für zweckmäßig, einen Verband der Fahrradund Fahrradteile-Industrie ins Leben zu rufen. Man übe keinen Zwang aus, die Militärregierung sei aber sehr an einer vollständigen Teilnahme interessiert. Auf ähnliche Weise entstehen weitere regionale Verbände, auch in der amerikanischen Zone. Die pragmatische amerikanische Regierung ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Versorgung Deutschlands z.B. mit Kohlen nach einer De-Industrialisierung des Landes an ihr hängen bliebe. Nun sollen zumindest so viele Betriebe weiterlaufen, dass die Deutschen sich selbst versorgen können. Aber wie kommen Arbeitende trotz zerstörter Infrastruktur zu ihren Arbeitsplätzen? Das Fahrrad ist das mit dem geringsten Aufwand herzustellende und in Betrieb zu haltende Transportmittel.

Ein Rad für alle Zwecke! Not macht erfinderisch (104)

1947 wird der Zusammenschluss der Verbände Nordrhein und Westfalen auf Zonenebene genehmigt. Bei Vorbesprechungen kristallisiert sich jedoch heraus, dass Firmen der Teile-Produktion einen eigenen Verband anstreben. «Es war für die Vertreter der Fahrrad- und Kraftradteileindustrie erfreulich, das Verständnis der Fahrradindustrie zu finden. […] Andererseits legte die Teileindustrie großen Wert auf weitere freundschaftlichen Zusammenarbeit mit der Fahrradindustrie», betont der «neue» FTV.

Anfang 1948 planen die Verbände der Fahrradindustrie der britischen und amerikanischen Zone ihren Zusammenschluss. Vertreter der Motorradindustrie, die nach einer Interessenvertretung abseits der Automobilindustrie suchen, schalten sich ein. Es entsteht der VFM; Verband der Fahrrad- und Motorrad-Industrie e.V., der sich in Bad Soden, in unmittelbarer Nähe zum Wirtschaftsrat der Alliierten in Frankfurt, ansiedelt. Zu 40% der Betriebe der deutschen Fahrradindustrie, Diamant, Wanderer, Brennabor, Phaenomen, Mifa, Naumann und Seidel, Simson … , die plötzlich in unerreichbarer Ferne liegen, kann der neue Verband jedoch keinen Kontakt aufnehmen.

Trotz Zwangsbewirtschaftung erreicht die Fahrradproduktion im Sommer 1948 nahezu Vorkriegsniveau. Die erste Genehmigung, ein schweres Motorrad herzustellen, erhält die Firma Horex von der alliierten Kontrollkommission. Aber auch bei BMW, einem Werk, das kurz zuvor noch von Demontage bedroht war, läuft die erste 250ccm-Maschine im Dezember 1948 vom Band, sie wird unter den Mitarbeitern verlost.

Erleben Sie Herstellung und Verlosung bei BMW 1948 (107)

Noch herrscht aber ein absoluter Mangel an Motorisierung.

1949 wird der Bundesverband der deutschen Industrie auf der Burg Altena im Märkischen Kreis aus der Taufe gehoben, ebenda, wo sich zwei Jahre zuvor der FTV neu gründete. In beiden Fällen ist Fritz Berg, dessen Altenaer Stahlwarenfirma u.a. Fahrradspeichen herstellt, treibende Kraft. Der Fahrradteilefabrikant wird von den BDI-Gründern, zu denen auch der VFM gehört, zum ersten Präsidenten gewählt.

Anfang der Fünfziger

Wegbereiter Wirtschaftswunder

Hamburger Abendblatt: «Die Sonderschau Fahrräder und Motorräder auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1950 ist fast so wie in London, Paris und – früher – in Berlin!» Frankfurter Rundschau: «Die neuerstandene Festhalle ist der Mittelpunkt des Ausstellungsgeländes, da die hier ausstellende Zweiradindustrie das stärkste Allgemeininteresse erregt.» Darmstädter Echo: «Die deutsche Zweiradindustrie hat, wie Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard feststellt, in ganz besonderem Maße die Zeit nach der Währungsreform im Jahre 1948 zu nutzen verstanden.» Abendpost Frankfurt am Main: «Die Zweiradindustrie hat ihre Ausstellung verlängert, um noch weiteren Tausenden von Menschen Gelegenheit zur Besichtigung zu geben. Es ist noch keine zwei Jahre her, dass sich die westdeutsche Fahrrad- und Motorradindustrie zusammenschloss. Sie betrachtet sich als einen ‹kleinen› Verband. Wie sehr solche Bescheidenheit Koketterie sein dürfte, ist bei dieser umfassenden und interessanten Ausstellung sichtbar geworden.»

Fachsimpeln

Publikumsandrang

Bundeswirtschaftsminister Dr. Ludwig Erhard auf der Zweirad-Sonderschau

Bundespräsident Theodor Heuss ist Schirmherr der Zweirad-Sonderschau 1950

Nicht zuletzt aufgrund des großen Erfolges der Sonderschau gründen FTV und VFM die Zweirad GmbH als Dachverband für die Durchführung nationaler und internationaler Ausstellungen. In den folgenden Jahren wird ihr Aufgabenbereich um Radsport, Radwegebau, Radwandern und Verkehrssicherheit erweitert. Hierfür werden weitere Partner, die Radfahrende vertreten, wie der Bund Deutscher Radfahrer und der Arbeiter Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität einbezogen.

1951 findet die 1. Internationale Fahrrad- und Motorradausstellung statt, die Bundespräsident Theodor Heuss als Ehrenpräsident begleitet. «Es ist mir eine besondere Freude, zu einer Industrie zu sprechen, die demonstriert, was schöpferische Kraft, Initiative, Fleiß und Tüchtigkeit über alle Bereiche der Wirtschaft vermögen, wenn ihnen Freiheit und Freizügigkeit eröffnet wird», erklärt Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard zur Eröffnung.

Bundeswirtschaftsminister Dr. Ludwig Erhard auf der IFMA 1951

Qualmer unter sich

Tatsächlich werden in der Fahrradindustrie schon bald die Mitarbeiter so knapp, dass der Verband seinen Mitgliedsbetrieben empfiehlt, über die Einstellung von Frauen nachzudenken!

Arbeiterinnen in den 50er Jahren bei den Achilles-Werken, Wilhelmshaven, einem sogenannten Flüchtlingsbetrieb. Die Wiedererrichtung des zuvor im Sudetenland gelegenen Betriebes in alten Marine-Baracken wird durch spezielle Darlehen gefördert; die Quote der Flüchtlinge unter den Mitarbeitern beträgt bis zu 90 %.

1953

Hebamme für das Moped

Deutschland ist jedoch noch nicht so weit, vom Fahrrad auf das Motorrad umzusteigen. Zwar gehen die Produktions- und Absatzzahlen von Motorrädern nach oben, die größere Rolle bei der Motorisierung spielen jedoch Hilfsmotoren für Fahrräder. Produzenten und technisch versierte Tüftler experimentieren mit ihrem Anbau. Die Industrie reagiert auf die neue Beanspruchung mit stärkeren Fahrgestellen, für die die Bezeichnung Fahrrad mit Hilfsmotor jedoch nicht mehr wirklich passt. Per Preisausschreiben, das die ILO-Motorenwerke, damals größter Zweitaktmotorenhersteller Deutschlands, mit «Moped» gewinnen, sucht der VFM nach einem neuen Namen. Gleichzeitig wehrt er sich erfolgreich gegen einen Führerscheinzwang für das neue Gefährt. Das trägt dem Geschäftsführer Fritz Wenk den Namen «Moped-Vater» ein.

Mopeds prägen die IFMA 1953

Die Presse reagiert begeistert: «Im Frühjahr 1953 wurde in Frankfurt am Main im Vorraum der Festhalle das Moped aus der Taufe gehoben. Durch die Initiative des VFM entsteht das ‹Fahrzeug für alle›. Das Moped ist ein Fahrzeugtyp, der das Millionenheer der Radfahrer für die Motorisierung gewinnen soll.» «In Germany a new vehicle type is beginning to make a name for itself on the roads – the moped.» «No cabe duda que el recién creado tipo de motopédo es el medio de circulación más prometedor.»

«Mopeds und Radfahrer auf der Fahrbahn oder auf dem Seitenstreifen sind als bewegliche Hindernisse zu betrachten …»

Auszug aus der bundesdeutschen Straßenbaurichtlinie 1956

Fünfziger und Sechziger Jahre

Eine Branche geht in die Knie

Die Patria WKC muss schon 1953 die Produktion von Fahrrädern und Motorrädern einstellen, die Bismarck- Werke melden 1956 Konkurs an. Im gleichen Jahr stellen die Torpedo-Werke die Zweiradproduktion ein. Hercules wird 1956 von Grundig übernommen. Mitte der Fünfziger stellen die westdeutsche Fortführung der Wanderer- Werke, 1957 die Adlerwerke die Fahrradproduktion ein; Mars-Werke melden 1958 Konkurs an. 1958 fusionieren Victoria, die Express-Werke und die DKW-Zweiradfertigung der Auto-Union GmbH zur Zweirad Union AG. Miele, der größte deutsche Motorfahrradhersteller der 50er Jahre, stellt 1960 seine komplette Fahrrad- und Motorfahrradproduktion ein. Rabeneick wird 1958 aufgekauft und löst sich 1960 auf, Dürkopp wird 1962 aufgekauft, Göricke 1964. NSU, nach Übernahme der Zweiradsparte von Opel zeitweise der größte Zweiradhersteller der Welt, stellt Mitte der Sechziger Motorrad- und Fahrradproduktion ein.

«In den letzten Jahren konnte sich die deutsche Teile- Industrie an die Spitze des Weltmarktes setzen und das bis dahin führende Lieferland England überflügeln», teilt der FTV hingegen 1956 mit.

Ludwig Erhard,Willy Brandt und … viele Autos (123)
3,5 %

Anteil der Alltagsräder an allen in Deutschland 1970 verkauften Rädern; 48 % waren Klapp-, 28,5 % Sport- und 20 % Kinderund Jugendräder

Die Achtziger

Gewandeltes Fahrradbild

So lebt die Industrie nach Jahren der Agonie mit neuen Firmen wieder auf, die sich allerdings gerne der alten, wohlklingenden und noch in Erinnerung befindlichen Markennamen bedienen. Trotz der Jahresrekordmarke von 4,7 Millionen Fahrrädern, die 1980 im Inland verkauft werden, kommt es zu Kurzarbeit und Entlassungen. Die USA, die das Sportgerät Fahrrad noch vor den Deutschen wiederentdeckt haben, brechen wegen Währungsdisparität als Exportland weg.

Auch nimmt der Druck asiatischer Hersteller auf die deutsche Fahrradindustrie stetig zu und fordert ein kreatives Umgehen mit der Krise.

«Ich saß auf der einen Seite als deutscher Jungunternehmer, auf der anderen Seite etwa zehn Chinesen. Wenn ich nach einem langen Verhandlungstag dachte, der Durchbruch sei erzielt, ging es am nächsten Tag wieder von vorn los, eine echte Pionierzeit für Europäer. Erst 1985 wurde das Joint Venture Hua de Plastics abgeschlossen, übrigens das erste Joint Venture eines mittelständischen deutschen Unternehmens mit China», erinnert sich Erhard Büchel, Inhaber des gleichnamigen deutschen Familienunternehmens, das Fahrradteile produziert.

Erhard Büchel, der erste Mittelständler, der ein Joint Venture mit China eingeht, 1985

Mit der Entwicklung zu einem Sportgerät und Lifestyle- Artikel erlebt das Fahrrad vielfältige Neuerfindungen. Kleine Spezialfirmen mischen den Markt auf, auch traditionsreiche Hersteller experimentieren mit neuen Werkstoffen, wie z.B. Alu oder Carbon, und zahlreichen, diversen sportlichen und modischen Trends angepassten Modellen.

Interne Mitteilung des VFM 1985: «Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass sich das Produktbild des Fahrrades wie auch des Motorzweirades zu wandeln beginnt. Das Fahrrad wird außerhalb der Branche von den Grünen, der SPD und ähnlichen zunehmend als Transportmittel propagiert.»

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Ende der achtziger Jahre bei Unternehmen der motorisierten Zweiradbranche das Gefühl aufkommt, eine effektive Interessenvertretung gemeinsam mit Fahrradherstellern sei zunehmend schwierig. Sie treten zugunsten eines eigenen Verbandes aus dem VFM aus.

Ob Turnschuhe oder Fahrrad: Die «Grünen» schaffen als erste Partei ein Bewusstsein für die Notwendigkeit alternativer Verkehrskonzepte.

340 kg

jährliche CO2 Ersparnis auf einem Arbeitsweg von 5 km Länge, für den das Fahrrad statt des Autos genutzt wird

Auf dem Weg in die Gegenwart

electric, connected, smart

Seit mehr als hundert Jahren führen batteriebetriebene Fahrzeuge trotz der Experimente vieler Zweiradproduzenten ein absolutes Nischendasein. Das neu wachsende Bewusstsein, flüssige Treibstoffe könnten vielleicht nicht unendlich verfügbar sein, bessere Batterie-Technologie aber auch neue Entwicklungen wie jene, die batteriegetriebene Motorunterstützung von der Tretbewegung abhängig zu machen, holen es aus der Nische.

Aus einer Patentschrift für Elektroantrieb um 1900
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Podszun Motorbücher

E-Bikes, Mountainbikes, Rennräder, vor allem aber auch das steigende Umweltbewusstsein führen dazu, dass der Fahrradabsatz um die Jahrtausendwende mit Aufs und Abs im Großen und Ganzen nach oben zeigt. Um den wachsenden Herausforderungen des immer globaler werdenden Marktes zu begegnen, beschließen 2000 die beiden großen Verbände der Industrie, FTV und VFM, diesmal freiwillig, ihr Gewicht gemeinsam in die Waagschale zu werfen und sich zum ZIV zu vereinigen; der Zweirad-Groß- und Außenhandelsverband folgt einige Jahre später.

Studenten der TU Delft entwickeln ein Fahrrad, dessen Rahmen im 3-D-Drucker gefertigt wird.

2011 wird im deutschen Museum in München das erste Fahrrad ausgestellt, dessen Komponenten teilweise im 3-D-Drucker gefertigt wurden, Metall gewordener Ausdruck der massiven Veränderung, der die gesamte Gesellschaft unterliegt.

Digitalisierung, smart phones, smart homes, smart bikes, connected driving, Fahrrad 4.0, integrated manufacturing, Diebstahlsicherung per GPS, eingebautes Navi und per Handy verriegelte Schlösser, Helme, die miteinander kommunizieren oder eine Tour live ins Internet streamen, Fahrräder, die nach einem Sturz automatisch einen Notruf absetzen, den Blutdruck beim Fahren messen oder an den nächsten Termin erinnern, die Möglichkeiten sind so vielfältig wie verwirrend.

Zusätzlich fühlen sich immer mehr Unternehmen der Branche auch der Corporate Social Responsibility verpflichtet – also mit dem Fahrrad und seinen Teilen nicht nur ein Produkt herzustellen, das zum Umweltschutz beiträgt, sondern schon die Produktion selber nachhaltig und sozial gerecht zu gestalten.

 

4541500

Nummer des Patents, das Egon Gelhard 1982 für ein batteriegetriebenes Fahrrad anmeldet, dessen Motorunterstützung an die Tretbewegung gekoppelt ist

In den 2010ern

Radverkehrspolitische Meilensteine

Am «Ersten Nationalen Radverkehrsplan», den das Bundeskabinett 2002 beschließt, ist der ZIV im Vorfeld beteiligt und kann verkehrspolitische Forderungen stark vorantreiben. 2018 gelingt auf Initiative des Verbandes mit der Bildung des Parlamentskreises Fahrrad, einem überfraktionellen Kreis von Bundestagsabgeordneten, an deren Sitzungen regelmäßig auch Verbandsvertreter teilnehmen, ein radverkehrspolitischer Meilenstein. Auch den «Nationalen Radverkehrsplan 3.0», der 2021 verabschiedet wird, gestaltet der ZIV aktiv mit. Der Verband fordert dabei, das Fahrrad nicht nur unter umwelt-, klima- und gesundheitspolitischen Aspekten zu fördern. Die intensive Beschäftigung mit dem Rad sei längst überfällig. Das Qualitätsbewusstsein für made in Germany steige: 2019 zählt die deutsche Fahrradwirtschaft (inkl. Dienstleistung für sharing bikes, Radtourismus etc.) 281.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Selbstständige. Der Vergleich zu 269.000 Beschäftigten in der Bahnbranche und 832.000 Beschäftigten in der Autobranche macht die wirtschaftspolitische Bedeutung des Fahrrades deutlich.

Inmitten der Umwälzungen von Globalisierung und Digitalisierung hat die Fahrradwirtschaft zwischen 2013 und 2018 ihren Umsatz um 55 % im Handel und 46 % in der Herstellung gesteigert. Die Zahl der Beschäftigten ist im Handel um 20, in der Herstellung um 15 % gestiegen.

76 %

Anteil der regelmäßig Autofahrenden, die die Einrichtung von geschützten Radfahrstreifen begrüßt

Heute

Chancen jetzt nutzen

Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Mobilitätswende, E-Mobilität, steuerliche Dienstradförderung, gesunder Lifestyle, Freizeitsport, Radreisen: Auch nach der Pandemie steigt das Interesse am Radfahren weiter. Die Zeichen für die Zukunft des Fahrrads stehen auf «Grün».

 

«Und gerade deshalb ist es wichtiger denn je, sich mit einer gemeinsamen starken Stimme für die Interessen des Fahrrades und seiner Produzenten einzusetzen», erklärt ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork. «Diese einmalige Chance wollen und müssen wir nutzen.»

... im Kontext ihrer Zeit

1815

Jahre ohne Sommer

Achtzehnhundertunderfroren oder Jahre ohne Sommer nennt man die Jahre nach dem Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora 1815. Weltweite Missernten und Hunger folgen der Aschewolke. Pferde werden eher gegessen als gefüttert.

Aschewolken legen sich vor die Sonne

1881

Das bicycle begeistert

Bereits 1881 ist das Interesse an diesem neuen Gefährt, das Kleyer bald in einer Maschinenfabrik vor Ort anfertigen lässt, so groß, dass sich in Kleyers Geschäftsräumen der Frankfurter Bicycle Club gründet.

1895 besuchen Mitglieder eines Radclubs Otto von Bismarck in Friedrichsruh

Kurz vor Weihnachten 1883 betritt auch der Nähmaschinenfabrikant Adam Opel die Maschinen- und Velocipedhandlung Heinrich Kleyer und erwirbt für seine fünf Söhne Fahrräder.

Das Fahrradfieber greift um sich.

Wilhelm Opel 1887; Gebrüder Opel, 20 Jahre und hunderte von Siegen im Radrennsport später

1887

Eine exklusive Angelegenheit

«Eine große und stets wachsende Popularität genießt das Fahrrad in allen Schichten der Bevölkerung», behauptet Adam Opel 1887. Das ist falsch. Ein Fahrrad kostet zu diesem Zeitpunkt rund 500 RM, während der Monatslohn eines Facharbeiters gerade mal 110 RM beträgt. Alle Hersteller Deutschlands zusammen produzieren 7000 Räder im Jahr. Das Fahrrad ist ein Sportgerät des wohlhabenden Bürgertums, das selbst fährt oder bei Radrennen fahren lässt.

Mitglieder des Fahrradclubs «Wittelsbach» vor der Münchner Uni

Auf der Radrennbahn im Nymphenburger Volkspark 1898

«In ihrem ganzen Arrangement ungemein gediegen ist diese Radsporttoilette. Der kurze Rock und das bis zur Taille reichende Jäckchen sind in Seide ausgeführt, die weit zurückgeschlagenen Revers mit weißem Kaschmir bezogen», teilt die Zeitschrift Radlerin und Radler mit, die mit Vorliebe adelige Radfahrende abbildet.

Die Radsporttoilette soll gediegen und schicklich zugleich sein

Auch bei Hofe wird Rad gefahren!

1891

Der Kampf um die Straße

Die Ausbreitung des Radfahrens wird nicht nur durch hohe Fahrradpreise, sondern auch durch Zweifel gehemmt, ob Radfahren überhaupt gesund sein kann?! Um den jahrelang hin- und herbrandenden Streit ein für alle Mal zu beenden, fragt der Bund Deutscher Radfahrer 1891 die acht größten medizinische Koryphäen der Zeit. Sie alle erklären, ähnlich wie Robert Koch: «… daß ich die hygienischen, also gesundheitlichen Bedenken gegen das Radfahren in keiner Weise theile, sondern das Radfahren vom hygienischen Standpunkte aus für nützlich halte und demselben die möglichste Verbreitung wünsche.» Das sieht die Polizei in vielen deutschen Städten vollkommen anders und verbietet das Fahren auf ihren Straßen.

Erleben Sie einen radelnden Festumzug vom Anfang des 20. Jahrhunderts (18)
4,5 km …

… täglich auf dem Fahrrad zurückgelegt, reichen laut WHO-Studie aus, um das Risiko eines Herzinfarktes zu halbieren.

In den 1890ern

Kutschen-Reiter-Räder

Doch auch nach Freigabe der Straßen für Fahrräder bleibt die Beziehung Radfahrender zu anderen Verkehrsteilnehmern angespannt – und entwickelt sich zu einem der Dauerthemen, die Radfahrende bis heute begleiten.

Annonce von 1895

Annonce von 1895

«Unser Wagen fuhr in scharfem Trab dahin, da versperrte ein Salinenfuhrwerk die Passage. Ein Adelsherr, der uns im Galopp zur Seite sprengte, hatte Mühe, seinen edlen Renner zu parieren. Angstrufe der Damen mischten sich mit den zornigen Ausbrüchen des Reiters und dem Fluchen des Fuhrmanns. Da, in dem kritischsten Augenblicke ein schrilles Klingeln und ehe wir’s uns versahen saust ein blitzendes Stahlross pfeilschnell an uns vorüber. Der feudale Herr hatte Mühe, sich im Sattel zu erhalten, er schimpfte energisch drauflos und rief nach Einschränkung und Umsturz der Fahrordnung.»

1896

Jahr, ab dem Fahrradfabrikanten sich gezwungen sehen, zur Diebstahlprävention Seriennummern in Fahrradrahmen einzuschlagen

1896

Maschinen der Freiheit

Ein Massenphänomen ist das Fahrrad trotz dieser Produktionszahlen noch lange nicht. Immer noch kostet ein Fahrrad rund das Doppelte eines Facharbeitermonatsgehalts. Zudem beginnt das Radfahren als überwiegend männliche Angelegenheit.

«Haben Sie jemals etwas Häßlicheres, etwas Gemeineres gesehen, als ein mit puterrotem Gesicht auf dem Zweirade dahinrasendes Frauenzimmer? Herunter vom Rade, weibliches Geschlecht oder Du hast das Recht verwirkt, das schöne zu heißen!», schreibt selbst die progressive Zeitschrift Jugend.

Karrikatur von 1897: „Brauchen S’ vielleicht Prügel, Madam’?!“

Eine frühe Radfahrerin schwärmt dagegen 1896: «Eine Lebensfreude kriegt man vom Radeln! – gar nicht wieder umzubringen. Kommt doch, Frauen und Mädchen, fliegt ein einziges Mal mit! Was hat man aber auch jahrelang für ein Leben geführt, man hat nicht springen, laufen, jagen dürfen, man ist Dame, Fräulein, Frau gewesen, ein Ding ohne bewegliche Gliedmaße, aufrecht, gemessen und gezirkelt in einen Schlepprock verpuppt, höchstens zu Knicksen abgerichtet …»

Lebensfreude beim Fahrradfahren 1897 zeigt eine der ältesten Filmaufnahmen der Welt: (26)

Bürgerliche radfahrende Frauen erfahren sich als stark, leistungsbereit und stellen zunehmend ihre Rolle als schutzbedürftige Hüterin des Heims und ihre einengende Kleidung in Frage. Zeitgenössische Frauen, allen voran die Suffragetten, beschwören das Fahrrad gar als «Maschine der Freiheit.»

Fahrradkuriere in Berlin 1913

«Wenn ich eines Tages eine Tochter habe, werde ich sie mit zehn Jahren auf ein Fahrrad setzen, um ihr beizubringen, wie sie sich im Leben verhalten soll.»

Emile Zola im 1897 veröffentlichten Roman «Paris»

Jahrhundertwende

Fahrrad? Kenn ich!

Dabei bemüht der VDF sich mit aller Kraft, den Absatz u.a. durch Sportveranstaltungen zu fördern.

Publikumsmagnet! Radrennen zur Eröffnung der Motorrennbahn Weißensee (31)

Die bekannten Tourenfahrerinnen Miss Gertrude Rodda, Preisträgerin der Fernfahrt Hadersleben-Hamburg und Frau Frieda Rinne, Fahrwart des Damen-Radfahr-Vereins St. Georg-Wanderlust, Hamburg, 1900

Nicht nur der Rennsport, auch Kunstradeln und die feierliche Gestaltung von Festumzügen verankern das Fahrrad immer stärker im gesellschaftlichen Bewusstsein.

Die Zeitschrift «Radlerin und Radler» veröffentlicht 1899 in ihrer «Galerie graziöser Radlerinnen» Frl. Mitzi Vock, Pressburg, 1.Preis im Blumenkorso

In der Rubrik «Bilderbuch radelnder Kinder» zeigt die Zeitschrift 1900 die kleinen Kunstfahrer Fritz und Otto Bartoch, Breslau.

Eine weitere Aufnahme aus dem «Bilderbuch radelnder Kinder» zeigt 1899 Gretel Pfaffendorf, Dresden, die jüngste Teilnehmerin am Dresdener Blumen-Korso.

Gelb

Farbe, die die Post in den 1890er Jahren für Diensträder festlegt

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Endlich erschwinglich!

«Vor zwanzig Jahren schien es nur wenigen Leuten mehr zu sein als ein Mittel zu Sport und Spiel», verkündet das Jahrbuch für die Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 1900. «Seitdem ist es eingedrungen in alle Berufe, Stände, Altersklassen, ist ein Verkehrsmittel von vielfach bereits vollkommener Unentbehrlichkeit geworden. Es bahnt die Lösung brennender großstädtischer Probleme, wie der Wohnungsfrage, an. Die ganze Technik empfängt von ihm eine günstige Befruchtung. Täglich wächst die Einflußsphäre des Rades.»

Eine moderne Köchin: «Was, die gnädige Frau fährt auch Rad? Da sind wir ja Sportskameraden!»

Schnelle medizinische Hilfe: 1899 bildet sich in Hamburg ein Sanitäts-Radfahrer-Verband. Dessen Mitglieder durchlaufen eine fünfwöchige medizinische Schulung und verpflichten sich, stets ein Erste-Hilfe-Köfferchen dabei zu haben.

«Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr.»

Albert Einstein auf die Frage, wie er auf die Relativitätstheorie gekommen sei.

In den 1910ern

Fahrrad bewegt Gesellschaft

Das Fahrrad wird über ein Verkehrsmittel hinaus zum Vehikel des Bedürfnisses, sich zusammen zu schließen. Es verkürzt Arbeitswege, schafft freie Zeit, verbessert den Austausch zwischen Arbeitenden unterschiedlicher Branchen und Regionen und trägt erheblich zu einer politischen Bewusstseinsbildung bei. Viele der frühen Arbeiter-Rad-Vereine werden unter der Bismarckschen Sozialisten-Gesetzgebung verboten.

Ansichtskarte des Arbeiter-Radfahrer-Bund Solidarität

Arbeiterradfahrer des Altonaer Bicycle Clubs bei der Straßenagitation für die SPD

Sonntagsausflug des Arbeiter-Radfahrer-Bundes Solidarität Harburg

«Das Fahrrad ist ein Vehikel des Teufels!»

So klagte ein Prediger in Oxford schon 1899 und fuhr fort: «Der Sonntag? Nicht mehr Tag des Herrn, sondern der Tag des Rades!»

Erster Weltkrieg

Fahrräder an die Front

Schon als Schüler mit Fahrrad und Gewehr für den Kaiser (59)

Im Ersten Weltkrieg erreichen Radfahrtruppen ihre weiteste Verbreitung. Im deutschen Heer werden 36 Radfahrerkompanien, eine Kavallerie-Radfahrerabteilung, 10 Reservekompanien und 17 Ersatztrupps aufgestellt.

 

Fahrräder im Kriegseinsatz…

…nicht nur in Deutschland.

Transport eines verwundeten Soldaten in Fermersleben, 1914

Urania-Fahrräder haben sich, wie unaufgefordert zugegangene Schreiben bestätigen,auch im Kriegsgebrauch hervorragend bewährt. (66)

1918

Der Acht-Stunden-Tag

Auch wenn Fahrräder enorm begehrt sind, können sich nur wenige Menschen in der Nachkriegszeit hochwertige Modelle leisten.

Lithographie von Käthe Kollwitz aus den Zwanziger Jahren –
der Erlös ist für Kinderheime der Internationalen Arbeiterhilfe bestimmt.

«Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf, acht Stunden Muße», hatten Sozialdemokraten schon 1897 gefordert. Nun, im November 1918, ist man am Ziel. Die Angst vor einer Räterepublik nach russischem Vorbild lässt die Arbeitgeber einlenken.

Plakat des Landesausschusses der Erwerbslosen Schleswig-Holsteins, 1925

Die «goldenen» Zwanziger

Aufbruch und Umbruch

Flugzeugentwickler Max Wiedenhöft auf seinem Raketenfahrrad, Ende der 20er Jahre

Insgesamt sind die Zwanziger Jahre eine Zeit enormer technologischer Fortschritte. Max Wiedenhöft, ein deutscher Flugzeugentwickler, träumt von einem besonders schnellen Fahrrad. Durch eine Rakete angetrieben, soll es eine Geschwindigkeit von 400km/h erreichen. Ein bei einem Testlauf entstandenes Bild von Wiedenhöft auf seinem Fahrrad montiert eine Tageszeitung wenig später hoch in die Luft über einer Menschenmenge auf dem Berliner Tempelhofer Feld und veröffentlicht es als Aprilscherz. Ganz so weit ist die Technik noch nicht, doch auf dem Boden erreicht das Raketenfahrrad immerhin eine Geschwindigkeit von 118km/h.

Die Kinderjahre der ersten deutschen Demokratie sind aber auch eine Zeit gesellschaftlicher und politischer Umbrüche, die sich vor dem Hintergrund starker wirtschaftlicher Unruhen und Unsicherheit entfalten.

Radfahren gegen die Todesstrafe: Wahlkampf vor den Wahlen zum ersten regulären deutschen Reichstag am 6. Juni 1920

Die (Unterhaltungs-)Kultur erlebt eine Blütezeit, die im Nachhinein manchmal wie ein Tanz oder ein zweirädriges Akrobatenstück auf dem Vulkan wirkt.

Fahrradakrobatinnen vor dem Brandenburger Tor

Einen Fortschritt ganz anderer Art strebt derweil der VDFI mit dem Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität an, mit 280.000 Mitgliedern der größte Radfahrbund
der Welt!

1929 demonstrieren Radfahrer im Grunewald

Radweg in Berlin 1930

Zusammen gründen sie eine Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Radweggedankens und setzen sich mit unterschiedlichen Partnern für mehr
Verkehrssicherheit ein.

Kostenlose Verteilung von Radfahrregeln 1929

Anfang der 30er Jahre

Fahrradland Deutschland

Das Fahrrad ist aus Deutschland schon nicht mehr wegzudenken, daran ändert auch die Wirtschaftskrise nichts. Es ist Gegenstand der Alltagskultur geworden. Jedes dritte Fahrrad der Welt ist in Deutschland unterwegs.

Wahlplakat 1929 (86)

1934 erscheint die antinationalsozialistische Schrift: «Die Werktätigen der Welt verteidigen die Arbeiterklasse Deutschlands». Getarnt ist dieser Aufruf zum Widerstand, für dessen Besitz man umgehend verhaftet wird – wenn man Glück hat und nicht in einem der unregulierten SA-Keller aus den ersten Jahren der Nazizeit landet – als Fahrradprospekt. Eine naheliegende Tarnung: Jede:r vierte Deutsche fährt Fahrrad. Von 1930 bis in die Mitte der 30er Jahre verachtfacht sich nach Verkehrszählungen der Radverkehr in Ballungsräumen. Es wird geschätzt, dass Ende der dreißiger Jahre jedes dritte der 60 Millionen Fahrräder der Welt in Deutschland unterwegs ist.

Links: Ein Fahrradprospekt von 1934 – im Fahrradland Deutschland die perfekte Tarnung für eine Widerstandsschrift. Rechts: Verkehr am Karlsplatz, München, 1938

 

1943

Tod im KZ

1943 wird Max Frankenburger, Gründungsmitglied und langjähriges Vorstandsmitglied des Vereins der Fahrradindustriellen, im KZ ermordet. Er ist Mitbegründer der Victoria-Fahrradwerke. Sein Compagnon, Max Ottensteiner, gilt laut Einwohnermeldekartei «nach der Judenaktion vom 10.11.1938 als unbekannt verzogen.» Georg Rothgießer, 1883 Mitbegründer der wohl ersten deutschen Fahrradteilefabrik, der «Richard Nagel & Co Fabrik für Radfahrerbedarfsartikel» und erster Chefredakteur der Zeitschrift Radmarkt, wird ebenfalls 1943 im KZ ermordet. Der Gründer der Hercules-Werke, Carl Marschütz entkommt den Nazis durch Flucht in die USA, nachdem er die Aktien an seinem Unternehmen weit unter Wert verkauft.

Was passiert mit Joseph Freund, Direktor der Phänomenwerke und Vorsitzender des VDF um 1919? Was mit Iwan Freudenthal, Direktor der Pantherwerke? Siegmund Kleczewer, Vorstand der NSU? Adolf Jacobowitz, Direktor der Mars-Werke? Joseph Kohn und Siegmund Adelung, die mit Siegfried Bettmann die Triumphwerke gründeten? Was passiert mit den vielen anderen jüdischen Gründern, Vorständen, Ingenieuren, Mitarbeiter:innen, ohne deren Ideen, Tatkraft und Einsatz die deutsche Fahrradindustrie so nie entstanden wäre? Was passiert mit ihren Familien?

Das Ehepaar Georg und Emmy Rothgießer mit Emil Berliner, dem Erfinder von Grammophon und Schallplatte, auf dem Titelblatt der Phonograpischen Zeitschrift von 1906

Links: Todesfallanzeige Max Frankenburger aus dem KZ Theresienstadt
Rechts: Stolperstein Emmy Rothgießer

Nachkriegszeit

Mitfiebern vertreibt Hunger

Zweite Hälfte der 40erJahre

«Schwarze» Räder

Die Zwangsbewirtschaftung ist nicht das einzige Hindernis, das sich der Fahrradindustrie in den Weg stellt. „Die britische Militärregierung hatte beim Abhören von Telefonaten das Wort schwarz aufgeschnappt und fuhr auf dem Betriebshof vor, um die Firma Rabeneick zu schließen», berichtet Martin Rabeneick. «Mühsam konnte der Offizier davon überzeugt werden, dass ein schwarz lackiertes, kein schwarz gehandeltes Fahrrad bestellt worden war.»

«NSU hat mit einer nationalsozialistischen Union nichts zu tun», stellen die NSU-Fahrzeugwerke durch ein Flugblatt klar: «NSU ist die Abkürzung von Neckarsulm. Der Name NSU war schon bekannt, als vor ‹tausend Jahren› Adolf Hitler noch Schicklgruber hieß.»

 

Kraftfahrer sucht Arbeit, 1949

1951

Feierlaune

Nicht nur dringend benötigte Konsumgüter ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, man will auch feiern, nach vorne schauen, das Leben wieder genießen. Das gesellschaftliche Begleitprogramm der veranstaltenden Verbände zur Messe ist vielfältig. Bälle, die VFM, FTV und ADAC gemeinsam veranstalten, Cocktails schon am Vormittag, Tombolas, und ja, man wundert sich, auch Schießbuden. Die Feierlaune im Jahr 1951 erhält von der amerikanischen Besatzungsmacht jedoch einen gehörigen Dämpfer. Sie gibt den für die abendliche Feier gemieteten Saal nur bis 1 Uhr frei. Der VFM sorgt für eine Alternative und soll Gerüchten zufolge das erste Getränk am nächtlichen Feierort ausgegeben haben, um sicherzustellen, dass alle Gäste mit umziehen.

 

«Sehr geehrter Herr Bundesminister der Finanzen!», schreibt der VFM im selben Jahr: «Wenn, wie verlautet, alle Erzeugnisse, welche eine Arbeiterfamilie für ihre Lebenshaltung benötigt, von der von der Bundesregierung geplanten Sonderumsatzsteuer ausgenommen werden sollen, dann muss darauf hingewiesen werden, dass die weitaus überwiegende Zahl der im Bundesgebiet im Verkehr befindlichen 15 Millionen Fahrräder und über 1 Million Motorräder im Besitz der werktätigen Bevölkerung ist und für den Weg von und zur Arbeitsstätte benötigt wird.»

Diese Einschätzung teilt die Presse: «Der kleine Mann fährt Fahrrad. Ob es einem Volke gut oder schlecht geht, will man an seiner Motorisierung erkennen können. Hebt sich der Lebensstandard, so wagt der kleine Mann den Sprung aufs Motorrad.»

Verkehr am Stachus, München, Anfang der 50er Jahre

Alles in allem ist sich die Zweiradindustrie sicher, dass der Siegeszug des Mopeds nicht aufzuhalten ist, und setzt «dem letzten Fußgänger Sebastian Latsch» auf der IFMA 1953 schon mal ein Denkmal.

Fünfziger Jahre

Auf dem Weg ins Autoland

In ihrer Freude über den Siegeszug des Mopeds übersieht die Zweiradbranche, dass die Autos ihr nicht nur im Nacken sitzen, sondern sich anschicken, auf die Überholspur abzubiegen.

Schichtende bei BMW 1955

Schon die IFMA 1956 wird nicht nur von der Presse, sondern auch vom eröffnenden Oberbürgermeister zur «Automobilschau des kleinen Mannes» degradiert.

1955 rollt der einmillionste VW-Käfer vom Band. Zwischen 1952 und 1957 versiebenfacht sich die Zahl der Autozulassungen in Deutschland.

 

Ludwig Erhard, Willy Brandt und … viele Autos (124)

«Sie fahren vor den Autos her. Auf Fahrbahnen, die für Autos gebaut wurden, reglementieren sie das Tempo ganzer Autokolonnen. Fahrräder und Mopeds gehören nicht auf die Fahrbahnen unserer Hauptstraßen. Sicher, die große Zeit der Zweiräder ist vorbei. Aber die wenigen auf der Straße sind halt immer noch zuviel. Es ist illusorisch, die Forderung nach getrennten Fahrwegen zu propagieren. Wer die Verhältnisse in den Städten kennt, weiß: Autos brauchen dringend Verkehrsraum. Hier kann nur die Straßenverkehrsordnung etwas ändern. Fahrräder mit und ohne Motor gehören nicht in den Großstadtverkehr», schreibt die Wochenzeitung Die Zeit 1969.

7,8 m² vs. 52,5 m²

Flächenbedarf je Person im fließenden Verkehr: Vergleich Radfahrende vs. Autofahrende

In den Siebzigern

Fahrrad? Da war doch was...

Erst der allgemein gestiegene Wohlstand der 70er und 80er Jahre lässt das Fahrrad zu einem Freizeitartikel werden, für den auch Geld ausgegeben wird, macht es zum neuen Ausdruck eines ultimativen Freiheitsgefühls.

 

Grenzenlose Freiheit auf dem Fahrrad

«We were a group of stupid hippies», erinnert sich Gary Fisher mit Freunden, «people thought we were nuts when they saw us riding bikes on the trails, downhill. I had a whole front end come off me on one ride. The bike split just right in half. It was obvious we needed a new technology. In the beginning it was part scavenger hunt and part black art. You guys think you have a cool bike? I’m going to have the coolest, you know? In 1986 Mountain bikes were outselling road bikes in the US and from there it went all around the world.»

Gary Fisher

Das Auto bleibt für die Deutschen jedoch Individualtransportmittel Nr. 1, daran hat auch die Ölkrise nichts ändern können. Erste Zweifel hat sie aber gesät, sehr langsam beginnt – nein, kein Umdenken, aber zumindest ein Nachdenken. Der Verkehrsberater Jan Tebbe ist daher vorsichtig: Als er an seinem Wohnort Bremen 1979 den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) gründet, legt er fest, dass der Verein nur weitergeführt werden soll, wenn die Mitgliederzahl mindestens 100 beträgt. Dieses Ziel ist bereits nach 2 Wochen mit 179 deutlich überschritten.

Wer erinnert sich? Ölkrise 1973 – Tankstellen erweitern ihre Produktpalette!

Wegen Benzinmangels vorläufig leider geschlossen

Friedliche Revolution

Die DDR fährt Fahrrad

Die erste Fahrrad-Demo in der DDR, Ostberlin Anfang 1990

«Unserer Firma hatte Geschäftsbeziehungen zu den Außenhandelsbetrieben der DDR. Bei der Rückkehr von einem Geschäftsbesuch im November 1989 waren auf meiner Route durch Meiningen, kurz vor der Grenze, die Straßen in der Innenstadt wegen der wöchentlichen Montagsdemonstrationen gesperrt. Eine Frau kam auf mich zu, gab mir eine brennende Kerze und bat mich, mitzugehen. Das war ein unbeschreibliches Gefühl», erzählt Erhard Büchel, dessen Unternehmen schon Ende 1990 beginnt, wieder am Ort des 1949 enteigneten Stammsitzes in Thüringen zu produzieren, eine der ersten ost-westdeutschen Kooperationen im Fahrradbereich, der andere, wie bei Diamant und Mifa, folgen.

 

«Das Fahrrad ist das am weitesten verbreitete Verkehrsmittel in der DDR: Bundesbürger, die die DDR nach dem Wegfall der Grenze besuchen, sollten den verhältnismäßig starken Radverkehr beachten», warnen westdeutsche Automobilverbände.

 

In den 2010ern

Klimapolitik nimmt Fahrt auf

 

Der Klimawandel und seine Folgen beschäftigen die Gesellschaft, nicht zuletzt die jüngere Generation, zunehmend.

5,4 gr/km

durchschnittlicher CO2-Ausstoß eines E-Bikes – im Vergleich liegt dieser Wert für ein Auto bei 124

2020

Corona und Globalisierung

Und dann kommt Corona.

«Das erste Coronajahr war das beste, das ich im Laden je hatte», erzählt der Fahrradhändler an der Ecke. Der Run aufs Fahrrad resultiert nicht nur aus dem Wunsch, den Öffentlichen Nahverkehr zu meiden. Die Pandemie hat auch die grundsätzliche Bedeutung eines gesunden Lifestyles noch einmal unterstrichen.

 

«Das zweite Jahr der Pandemie war hingegen ausgesprochen schwierig. Aufgrund der weltweit zusammengebrochenen Lieferketten konnte kaum noch ein Hersteller Fahrzeuge liefern», erinnert sich Bernhard Lange, Inhaber des Fahrradteileherstellers und -händlers Paul Lange & Co. «Die Fahrradindustrie war ein Vorreiter der Globalisierung und hat vom ersten Moment an, von der Draisschen Laufmaschine, die in Karlsruhe erdacht und in Frankreich und England weiterentwickelt wurde, international agiert. Wir haben früh und gut zusammengearbeitet, wir haben auch die Risiken und Gefahren, die mit der Globalisierung einhergehen, früher als andere und intensiver als andere zu spüren bekommen. Es wird weiterhin wichtig sein, hier eine gute Balance zu finden.»

ein Zehntausendstel

Kosten eines Kilometers Radweg im Vergleich zu einem innerstädtischen Autobahnkilometer

Die Fahrradindustrie ...

... im Kontext ihrer Zeit

1815

Jahre ohne Sommer

1817

Fahrzeuge ohne Pferde

1881

Das bicycle begeistert

1885

Made in Germany

1887

Eine exklusive Angelegenheit

1888

Zusammen stärker: Fahrradfabrikanten

1891

Der Kampf um die Straße

In den 1890ern

Frühe Lobbyarbeit

In den 1890ern

Kutschen-Reiter-Räder

1896

Serielle Fertigung

1896

Maschinen der Freiheit

1898

Faszinierende Feinmechanik

Jahrhundertwende

Fahrrad? Kenn ich!

Jahrhundertwende

Das Fahrrad wird alltagstauglich

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Endlich erschwinglich!

In den 1910ern

Frauen die Hälfte

In den 1910ern

Fahrrad bewegt Gesellschaft

1911

Exportieren, bitte!

Erster Weltkrieg

Fahrräder an die Front

Erster Weltkrieg

Kriegs- und Nachkriegswirtschaft

1918

Der Acht-Stunden-Tag

1923

Zeit ist Geld: Das Fließband

Die «goldenen» Zwanziger

Aufbruch und Umbruch

1929

Aufstieg und Absturz

Anfang der 30er Jahre

Fahrradland Deutschland

NS-Zeit

Das «deutsche» Fahrrad

1943

Tod im KZ

Nachkriegszeit

Demontage der (Fahrrad)Industrie

Nachkriegszeit

Mitfiebern vertreibt Hunger

Zweite Hälfte der 40er Jahre

Einfach unverzichtbar: Das Fahrrad

Zweite Hälfte der 40erJahre

«Schwarze» Räder

Anfang der Fünfziger

Wegbereiter Wirtschaftswunder

1951

Feierlaune

1953

Hebamme für das Moped

Fünfziger Jahre

Auf dem Weg ins Autoland

Fünfziger und Sechziger Jahre

Eine Branche geht in die Knie

In den Siebzigern

Fahrrad? Da war doch was...

Die Achtziger

Gewandeltes Fahrradbild

Friedliche Revolution

Die DDR fährt Fahrrad

Auf dem Weg in die Gegenwart

electric, connected, smart

In den 2010ern

Klimapolitik nimmt Fahrt auf

In den 2010ern

Radverkehrspolitische Meilensteine

2020

Corona und Globalisierung

Heute

Chancen jetzt nutzen